Zwillingspaare und Skoliose
Zwillingspaare und Skoliose
Die Zwillingsforschung ist ein wichtiger Zweig genetischer Forschung, da gleiche äußere Merkmale bei Zwillingen auf eine gemeinsame erbliche Ursache hinweisen können. Die Ergebnisse genetischer Studien der vergangenen fünfzig Jahre lassen aber keine einheitliche
Interpretation zur familiären Häufung und Erblichkeit der Skoliose zu.
Zwillingspaare
Bei Zwillingen werden eineiige (EZ) und zweieiige (ZZ) unterschieden!
Die genetische Information ist bei eineiigen Zwillingen identisch, da sie aus ein und demselben mütterlichen Ei entstehen - sie werden als monozygot bezeichnet. Bei zweieiigen Zwillingen dagegen liegen den Nachkommen zwei mütterliche Eizellen zugrunde, daher können diese auch ein unterschiedliches Geschlecht aufweisen - sie werden als dizygot bezeichnet.
Eineiige Zwillinge weisen in allen Studien mehr gemeinsame Merkmale auf als die zweieiigen; dies ist alleine genommen also nicht notwendigerweise ein Hinweis auf Erblichkeit eines Merkmals.
Zwillingsregister
Die umfangreichsten Kollektive und die qualifiziertesten Daten stammen aus den nationalen Zwillingsregistern in Skandinavien mit einer Vollerfassung aller Zwillingsgeburten im Lande. Die Doktorarbeit von Anna Grauers in 2015 an mehr als achtzigtausend Zwillingspaaren in Schweden ist die derzeit aktuellste und absolut umfangreichste Studie mit bemerkenswerten Ergebnissen.
Zwillinge werden in Schweden in einem landesweiten Register vollständig erfasst!
Übereinstimmungen
Sind Skoliosen bei Zwillingen identisch?
Geprüft wurde die Übereinstimmung (Kongruenz) zur Wirbelsäulenform, Schwere der Skoliose, Art der Behandlung usw. - gefordert wurde eine Merkmalsgleichheit in allen untersuchten Merkmalen. Die Daten beruhten auf freiwilligen Selbstangaben in einem Fragebogen. Es finden sich identische Merkmale bei EZ in 11%, bei ZZ in 4%. In früheren Studien fanden sich wesentlich höhere Raten der Merkmalsgleichheit bis über 90%.
Datenunterschiede
Die Ergebnisunterschiede beruhen auf verschiedenen Auslegungen zur Merkmalsgleichheit, die Datenqualität früherer Zwillingsstudien (auch am schwedischen Register) mit wesentlich höheren Übereinstimmungen ist daher zweifelhaft.
Auch die Ergebnisse von 2015 sind wegen der geringen Teilnahmequote (unter 50%) nicht repräsentativ und die Daten wurden nicht von Experten geprüft. Eine Merkmalsgleichheit von 4% bei ZZ liegt nur gering über Zufallsniveau! Eine Merkmalsgleichheit von 11% bei EZ zeigt zudem nur, dass die Skoliosen insgesamt sehr einheitliche Formenmuster aufweisen - egal ob bei Zwillingen oder nicht. Ein überzeugender Beweis zur Erblichkeit der Skoliose lässt sich von solchen Ergebnissen nicht ableiten.
Die Ergebnisse aus Zwillingsstudien unterscheiden sich stark und beweisen keine Erblichkeit der Skoliose!
Zusammenhänge
Alle genetischen Studien zur Skoliose sind bisher spektakulär ergebnislos!
In keinem Falle lässt sich bislang ein klarer Erbmodus oder ein ursächliches Gen identifizieren, auch lassen sich familiäre Häufungen (angebliche „Skoliosefamilien“) gerade nicht belegen. Die behaupteten Zusammenhänge lassen sich in weiteren Studien in der Regel nicht reproduzieren.
Unverändert findet die Skoliose daher wegen der fehlenden Hinweise auf eine genetische Ursache keinen Platz in der Familienberatung.
Betroffene
Vanessa Williams (1963) ist eine US-amerikanische Schauspielerin und Sängerin
Die Schauspielerin ist bekannt aus der amerikanischen Serie "Desperate Housewives". Bevor Vanessa ein berühmter Star wurde, wollte sie eine professionelle Tänzerin werden, doch ihre Skoliose hinderte sie daran. Weil sie nach der Operation nicht mehr tanzen konnte, fing sie mit der Schauspielerei an. Sie soll gesagt haben:
"Es hat mich für eine Weile aus der Bahn geworfen!"
Fazit
Die vorliegenden Zwillingsstudien zur Skoliose weisen überraschend unterschiedliche Ergebnisse auf, selbst wenn diese aus denselben Registern von Zwillingskollektiven stammen. Auch eineiige Zwillinge können überraschend unterschiedliche Skolioseformen aufweisen, weshalb die Genetiker heute neben einer derzeit nicht näher einzugrenzenden genetischen Komponente auch bedeutende Umwelteinflüsse bei der Skolioseentstehung annehmen.
Entscheidende Impulse zur Erklärung der Skolioseursache lassen sich auch von weiteren genetischen Studien (Familienstudien, genomweite Studien, Studien an Tieren) nicht ableiten. Die Ergebnisse früherer Studien, die methodisch wegen starker Selektionseffekte in den Kollektiven angreifbar sind, werden beständig wiederholt und wollen aus den Köpfen der Experten nicht verschwinden. Sämtliche Studien zur Erblichkeit der Skoliose können bis heute nicht überzeugen!
Mein Buch ist das Ergebnis jahrerlanger Skolioseforschung. Werde zum Experten für deine Wirbelsäule.
